Dienstag, 10. März 2015

Drei Jahre




Heute möchte ich meine Gedanken fließen lassen wie sie in meinem Kopf schwirren, möchte meine Zeit nicht damit verschwenden, Vokabeln nachzuschlagen.

Heute sind es drei Jahre.
Im ersten Jahr war es ein längerer Facebook-Status, der meine Erkenntnis über Dankbarkeit erklärte.
Im zweiten Jahr wurde an diesem Tag ein Artikel veröffentlicht, der nach langer Untersuchung offiziell das bestätigte, was alle vom ersten Tag an wussten: Es war kein Eigenverschulden. Ich war so dankbar, dass meiner Familie diese Last genommen wurde, sodass keine großen Worte von Nöten waren. 
Heute ist es das dritte Jahr. Und ich dachte, die Worte würden weniger werden, die Gedanken. 
Ich dachte, ich hätte an diesem Tag nicht mehr das Bedürfnis, zu schreiben. 
Doch ich habe es mehr als je zuvor.
Letzte Woche habe ich mich mit meinem Onkel, seinem Vater, im Skiurlaub getroffen, seine Umarmung war warm und vertraut, es fühlte sich an wie Familie. Ich war mit meiner kleinen Schwester, meinem Vater und seiner Freundin dort, auch das fühlte sich an wie Familie. Dieses Jahr habe ich gelernt, was Familie bedeutet. Zusammenhalt. Wir sind über den Globus verteilt und doch sind wir eine Familie.

Jedes Jahr lerne ich von diesem Tag vor drei Jahren, es fühlt sich an wie eine neue Zeitrechnung. 
Ich lerne von den Gedanken, von den Erinnerungen die nicht mehr durch neue ergänzt werden können und trotzdem entdecke ich immer wieder Neues. 
Manchmal überkommt mich die Ohnmacht des ersten Moments und dann halte ich inne, denke daran, wie der letzte Tag, an dem wir uns gesehen haben, mein Leben verändert hat. Ich erinnere mich an die Nachricht, die ich meinem Ex-Freund schrieb: "Mein Cousin ist sooooo coooool!" 
Nikola hat mir Anerkennung geschenkt die ich so vorher nicht kannte, die mir Spätpubertierenden die Kraft gab den ersten Schritt in die richtige Richtung zu machen.
Doch dann fällt mir wieder ein, was zwei Wochen später geschah und das Einzige was bleibt ist unendliche Sehnsucht. Träume darüber, was gewesen wäre, wenn dieser Anruf nicht gekommen wäre. Keine stündlichen Berichte in Fernsehen und Radio, die seinen Namen für eine weitere Sensation emotionslos über die Lippen kommen ließen. Keine Endlosschleife der selben Fragen.

Ich war nicht bei der Beerdigung. Meine Eltern hielten es für besser, ich solle versuchen meine Klausuren zu bestehen. Ich folgte ihrem Rat, doch in meinem Kopf kam nichts an. Es waren nur 1,2%, die mir zum Bestehen gefehlt hätten. 
Nun hatte ich beides nicht, keinen Abschied und keine Klausur.
Doch im Sommer des gleichen Jahres bekam ich das alles zurück, denn ich durfte meine Familie besuchen, alles nachholen, reden, lachen, schweigen. Zusammenwachsen. Alles andere war plötzlich egal.

Letzte Woche habe ich dann gesehen, was damals in diesem Sommer noch in den Kinderschuhen steckte: Die Nik Zoricic Foundation.
Seine Eltern und seine Schwester hat es stark gemacht, seinen Geist am Leben zu erhalten. Jungen Talenten alle Steine aus dem Weg zu räumen, mit denen Nikola zu kämpfen hatte. 
Und da saßen sie, 7 junge, kanadische Skifahrer und Skifahrerinnen, alle trugen das Logo auf der Brust, an dem wir 3 Jahre zuvor noch gebastelt hatten. Seine Initialen: NZ. 
Mützen, Jacken, Schals, Skier, die erste gesponserte Fahrerin; die Stiftung steht nun auf den Pfeilern um ihr Ziel tatsächlich auch zu erreichen. Die Schützlinge wurden trainiert, unterstützt, gefördert und starteten beim wichtigsten Junioren-Rennen der Welt, dem Topolino-Cup.



All das zu sehen hat mich unfassbar glücklich gemacht. Keiner hat aufgegeben. Wir alle haben gekämpft, wir alle sind zusammengewachsen. Weil wir eine Familie sind. 


10.03.2015

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